Frage in die Runde: Was sind die größten Vorurteile gegenüber Singles?
„Frustriert und einsam“, überlegt Christine. „Und unattraktiv“, fügt
ihre Freundin Britta grinsend hinzu. Die beiden Psychologinnen (41 und
38) sind zum ersten Mal zum Nürnberger Single-Treff gekommen. Diesmal
ist frühstücken angesagt — Brunch im „Garten Kreta“.
Von
den eingangs aufgeführten Attributen keine Spur. In lockeren Grüppchen
sitzen 15 Menschen zwischen Mitte 20 und Anfang 40 an der langen Tafel in
dem hellen hohen Gastzimmer, plappern, kichern, lachen und essen
ungezwungen. Manche sind seit Jahren dabei, andere sind zum ersten Mal
da und haben zur Sicherheit eine Freundin mitgebracht. Tatsächlich sind
die Frauen in der Überzahl - zumindest an diesem Vormittag. „Wenn Sie
das jetzt so in die Zeitung schreiben, herrscht beim nächsten Mal
garantiert wieder Männerüberschuss“, lacht Robert Regn, der den Treff
seit über zehn Jahren organisiert und aus Erfahrung weiß, dass das
Geschlechterverhältnis wie die Teilnehmerzahl von Mal zu Mal schwankt.
Fest
steht nur: Wer zu den Treffen kommt, kommt herum. „Wir treffen uns
immer wo anders“, sagt Regn, der den Begriff „Stammtisch“ bewusst
vermeidet: „Da sind sofort die Assoziationen Männer, Rauch, Karteln und
Bier, was für uns ja nun wirklich nicht passt.“ Seit 1993 gibt es den
Single-Treff Nürnberg, der damit der älteste seiner Art in der Stadt
ist. Neben regelmäßigen Gastro-Touren stehen Ausflüge, Wanderungen,
Radtouren, Grillfeste und Kinobesuche auf dem Programm, das im Internet
veröffentlicht und bei den Treffen auf handkopierten Flyern verteilt
wird.
„Ich gebe hier nicht alles vor, sondern erwarte auch, dass
aus der Gruppe etwas kommt“, sagt Regn, der so wenig ein Animateur ist
wie der Single-Treff ein Eheanbahnungsinstitut. „Wir sind kein Club und
schon gar keine Partnervermittlung“, stellt der 39-Jährige klar. „Es
gibt keine Mitgliedschaft, keine Verpflichtung, keine Kosten. Auch die
Vereinsmeierei haben wir uns geschenkt.“
Meist unterwegs
Fast
jedes Wochenende ist die Gruppe unterwegs, macht Feste und Feiern
unsicher oder trifft sich zum Badmintonspiel. Manch ein Single besucht
auch noch andere Treffs in der Region. „Gestern in der Studentenkneipe
in Erlangen war ich deutlich unter dem Altersdurchschnitt“, erzählt
Nick (28), der in seiner alten Heimat in Niedersachsen selbst
Single-Stammtische organisiert und somit den Direktvergleich hat.
„Richtig effektiv wird so eine Einrichtung eh erst in einer Großstadt
ab 200 000 Einwohnern.“
Auch Karen (39) kennt vergleichbare
Angebote. Mit ihrem Junior nutzt die allein erziehende Mutter
kirchliche Angebote für Singles mit Kindern. „Wenn man die Kleinen
dabei hat, kommt man viel schneller ins Gespräch“, erzählt die
Verwaltungsangestellte, die es bemerkenswert fand, dass sich bei den
Wochenendfahrten die größeren Kinder automatisch um die jüngeren
gekümmert haben.
Dass auch das Partnerglück nur geliehen ist,
wissen alle am Tisch. Single sein ist heute längst ein Aggregatzustand,
der kommt und geht. Allein ist man schnell wieder, doch das ist
mitnichten ein Defizit. „Wenn man aus einer Beziehung rausfällt, ist es
schön, wenn man von einer Gruppe aufgefangen wird, die keine Fragen
stellt“, erklärt Regn die Idee hinter dem nicht-kommerziellen
Zusammenschluss. „Daher ist es für Singles sinnvoll, sich mit
Gleichgesinnten für die gemeinsame Freizeitgestaltung zusammentun.“
Klingt
soweit alles logisch. Bei einschlägigen Angeboten wie „Flirt“ und
„Speed-Dating“ auf der Internet-Homepage wird man das Gefühl dennoch
nicht los, dass es allem betont ungezwungenen Beisammensein zum Trotz
in letzter Konsequenz doch um das Zusammenfinden einsamer Herzen geht.
Also Klartext: Wie stehen die Erfolgsaussichten? Hat denn schon mal wer
beim Singletreff Nürnberg einen Partner oder eine Partnerin für’s Leben
oder zumindest den nächsten Wegabschnitt gefunden?
„Ja, ich“,
lacht Regn, der seit längerem in einer festen Beziehung lebt und seine
Freundin tatsächlich beim Single-Treff kennen gelernt hat. Die Lust an
der kleinen Gruppe haben die beiden bis heute nicht verloren, und auch
zum jährlichen Sommerfest bringt so manch glückliches Paar seine Kinder
mit. Dabei sein ist also alles, ein Wiederkommen ausdrücklich
erlaubt. STEFAN GNAD
Weitere Infos unter Tel. 61 31 74 oder 01 76/ 6 08 51 75 9; Internet: www.singletreff-nbg.de |